Geschichte, Kultur und Traditionen der Maori

Als die Tochter des maorischen Entdeckers Kupe plötzlich etwas Weißes am Horizont sah, rief sie aufgeregt “He ao! He ao!” (“Eine Wolke! Eine Wolke!”). Die junge Frau entdeckte damals die vor dem heutigen Auckland gelegene Insel Great Barrier Island. Noch heute heißt sie in der Sprache der Maori “Aotea”, “weiße Wolke”. Die riesige Landmasse, die die polynesischen Seefahrer kurz darauf dahinter sahen, nannten sie folgerichtig “Aotearoa”: das Land der langen weißen Wolke – Neuseeland.

Maori Schnitzerei

 

Von der Ankunft der ersten Maori bis zum Vertrag von Waitangi

Auch wenn es sich bei dieser Geschichte nur um eine Legende der Maori handeln mag, gehen Historiker davon aus, dass verschiedene Maori-Stämme tatsächlich zunächst auf der Nordinsel des heutigen Neuseelands siedelten. Die aus Ost-Polynesien stammenden Völker erreichten “Aotearoa” erstmals im 8. Jahrhundert. Es folgte eine Reihe von Immigrationswellen, die bis etwa 1300 n. Chr. anhielten.

Die verschiedenen Maori-Stämme bevölkerten so bereits die Nord- und Südinsel, als im 17. Jahrhundert die ersten Europäer in Neuseeland ankamen. Die Seefahrer Abel Tasman und James Cook beschrieben die Maori als grimmiges Kriegervolk, auch weil Kriege zwischen den einzelnen Stämmen weit verbreitet waren. Schnell gab es zudem gewaltsame Konflikte um Land und Besitz mit den europäischen Siedlern.

Am 6. Februar 1840 schließlich wurde bei Waitangi in der Bay of Islands ein Vertrag zwischen der britischen Krone und den Maori unterzeichnet. Darin wurden den Maori Eigentumsrechte an dem von ihnen genutzten Land zugesichert. Gleichzeitig wurde die Souveränität des Landes auf die britische Krone übertragen. Die britische Kolonie Neuseeland war geboren.

 

Situation der Maori heute

Heute sind etwa 15 Prozent der neuseeländischen Bevölkerung Maori. Auch wenn die meisten davon inzwischen ein vorwiegend westliches Leben führen, haben sie doch ihre Traditionen und Bräuche bewahrt. Am auffälligsten sind sicher die Ta moko, die traditionellen Tattoos der Maori. Sie werden auf Gesicht, Oberschenkel und Arme aufgetragen und zeigen unter anderem die Familien- und Stammeszugehörigkeit an.

Die Zeichen und Symbole der Ta moko sind dabei den traditionellen Holzschnitzereien der Maori entnommen, wie sie etwa in Holzfiguren und Pfählen mit Gesichtern vorkommen. Die am East Cape im Ort Tikitiki gelegene St. Mary’s Church enthält einige der wertvollsten Maori-Schnitzereien, sogenannte Tukutuku. Selbst die Glasfenster der anglikanischen Kirche sind mit Maori-Motiven geschmückt.

Die Dachbalken der St. Mary’s Church haben zudem die gleiche Farbe wie die Marae, die traditionellen Versammlungshäuser der Maori. Eines der bekanntesten, das auch für Besucher zugänglich ist, liegt in der Nähe des Kurorts Rotorua. Hier können verschiedene Maori Tänze, Gesänge und andere Kulturdarbietungen hautnah erlebt werden. Und auch für das leibliche Wohl ist gesorgt: Ein traditionelles Hangi-Mahl sollte sich niemand entgehen lassen.

 

“Ka mate, ka mate!” – “Ka ora, ka ora!”

Einen regelrechten Aufschwung hat in letzter Zeit die Sprache der Maori erlebt. Zwar sprechen nur noch etwa 5 Prozent der Neuseeländer Te Reo Maori, wie die Sprache offiziell heißt, doch sie ist nach wie vor neben Englisch offizielle Amtssprache des Landes. Nicht nur bei Air New Zealand wird man daher mit einem freundlichen “Kia ora” begrüßt.

Wer hingegen ein Rugby-Spiel der “All Blacks” besucht, könnte fast den Eindruck gewinnen, dass inzwischen nicht nur die Maori, sondern alle Kiwis zu einem grimmigen Kriegervolk geworden sind: Immer dann nämlich, wenn zu Beginn des Spiels der Kriegstanz Haka aufgeführt wird, um die gegnerische Mannschaft einzuschüchtern. Ein Spektakel, das sich kein Besucher des “Landes der langen weißen Wolke” entgehen lassen sollte.